Der Schnuller: Eine Entscheidung mit weitreichenden Folgen

 

Schnuller sind weit verbreitet und werden oft als einfacher Weg gesehen, Babys zu beruhigen. Doch es ist wichtig, die möglichen langfristigen Auswirkungen auf die kindliche Entwicklung zu verstehen. Dieser Artikel beleuchtet, warum der Schnullergebrauch kritisch betrachtet werden sollte und warum das Stillen eine einzigartige Rolle bei der gesunden oralen Entwicklung spielt.

 

Die biologische Funktion des Saugens: Stillen als natürlicher Weg

 

Das Saugbedürfnis eines Babys ist ein Überlebensreflex und entscheidend für die Nahrungsaufnahme. Es ist jedoch auch ein grundlegendes Bedürfnis nach Trost und Sicherheit. Stillen erfüllt beide Bedürfnisse gleichzeitig auf natürliche Weise.

  • Muskelarbeit der Zunge: Beim Stillen führt die Zunge eine peristaltische Bewegung aus (vom vorderen zum hinteren Teil), um die Milch aus der Brust zu massieren. Diese Bewegung stärkt die Zungenmuskulatur, die für ihre korrekte Ruhelage – am Gaumen anliegend – verantwortlich ist. Eine Zunge, die stark genug ist, um am Gaumen zu ruhen, unterstützt die natürliche Form des Oberkiefers und hilft, den Mund geschlossen zu halten.
  • Training der Lippenmuskeln: Ein fester Saugschluss an der Brust erfordert eine starke Lippenmuskulatur. Diese Stärke ist später entscheidend, um die Lippen locker geschlossen zu halten und so eine offene Mundhaltung zu vermeiden.

Muttermilch ist nicht nur Nahrung, sondern auch ein natürliches Training, das die oralen Strukturen von Grund auf stärkt und somit präventiv gegen die Entwicklung einer offenen Mundhaltung wirkt.


 

Mögliche Langzeitfolgen des Schnullergebrauchs

 

Während Stillen die Entwicklung der oralen Motorik optimal unterstützt, kann ein übermäßiger oder über das Kleinkindalter hinausgehender Gebrauch von Schnullern zu den folgenden Problemen führen:

  • Fehlstellungen der Zähne und des Kiefers (Malokklusion): Der ständige Druck des Schnullers kann zu einem offenen Biss (die Schneidezähne schließen nicht), einem Kreuzbiss und einer Verengung des Oberkiefers führen. Dies kann eine spätere kieferorthopädische Behandlung notwendig machen.
  • Sprachentwicklungsstörungen: Eine passive oder tiefe Zungenruhelage durch den Schnuller kann die Artikulation von Sprachlauten (insbesondere Zischlaute wie „s“ oder „sch“) behindern und eine lispelnde Aussprache fördern.
  • Auswirkung auf das Stillen: Während in den ersten Wochen die Stillbeziehung gefestigt werden sollte, kann ein verfrühter und übermäßiger Gebrauch von Schnullern zu einer sogenannten „Saugverwirrung“ führen, da die Saugtechnik am Schnuller sich deutlich von der an der Brust unterscheidet.

 

Wissenschaftliche Erkenntnisse zum Schnullergebrauch

 

Die Forschung belegt die potenziellen negativen Auswirkungen von Schnullern, insbesondere wenn sie über das Säuglingsalter hinaus verwendet werden.

 

Eine systematische Übersichtsarbeit von Hung et al. (2025) im Dentistry Journal fasst zusammen, dass eine häufige und langfristige Nutzung von Schnullern bei Babys und Kleinkindern das Risiko für Zahnfehlstellungen, wie z. B. einen offenen Biss, deutlich erhöht. Besonders bei einer Nutzung über das dritte Lebensjahr hinaus treten diese Probleme verstärkt auf. Daher wird eine frühzeitige Aufklärung der Eltern und eine rechtzeitige Entwöhnung vom Schnuller empfohlen, um langfristigen Schäden an der Zahnentwicklung vorzubeugen.

Quelle: Hung M, Marx J, Ward C, Schwartz C (2025). Pacifier Use and Its Influence on Pediatric Malocclusion: A Scoping Review of Emerging Evidence and Developmental Impacts. Dent J (Basel). 2025 Jul 14;13(7):319.. https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC12294066.

 

Kanellopoulos und Costello haben 2024 im Frontiers in Psychology die Erkenntnis erlangt, das regelmäßige und intensive Schnullernutzung kann die Sprach- und kognitive Entwicklung bei Kleinkindern negativ beeinflussen, da sie die oralmotorischen Bewegungen einschränkt, die für die Sprachentwicklung wichtig sind. Studien zeigen, dass Kinder, die den Schnuller über längere Zeiträume verwenden, oft einen kleineren Wortschatz und möglicherweise eine geringere kognitive Leistung aufweisen. Trotz dieser Bedenken wird die genaue Beziehung zwischen Schnullernutzung und der Entwicklung noch weiter in der Wissenschaft diskutiert.

Quelle: Kanellopoulos AK, Costello SE (2024). The effects of prolonged pacifier use on language development in infants and toddlers. Frontiers in Psychology. 2024 Feb 20;15:1349323. https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC10912588.

 

 

Fazit: Stillen – der beste Start für die orale Entwicklung

 

Ein Schnuller kann eine hilfreiche Übergangslösung sein, doch die Forschung zeigt, dass Stillen das Saugbedürfnis Ihres Kindes auf die natürlichste und entwicklungsorientierteste Weise erfüllt. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt, den Gebrauch von Schnullern zu vermeiden, insbesondere in den ersten Lebenswochen, um die Stillbeziehung zu festigen. Die Entscheidung für oder gegen einen Schnuller liegt bei Ihnen, doch es ist wichtig, sich der potenziellen Langzeitfolgen bewusst zu sein und eine gesunde orale Entwicklung in den Fokus zu stellen.